Kontrollbank, Selbstmord, Bilderberger?

Unlängst war ich für ein verlängertes Wochenende wieder einmal in Wien. Der Zufall hat mich dort direkt vor die Tore der Oesterreichischen Kontrollbank AG (OeKB) geführt. Beim anschließenden Besuch eines echten Wiener Kaffeehauses ging mir diese Bank jedoch nicht mehr aus dem Kopf. Kontrollbank? Woher kommt diese Bezeichnung? Wer wird denn von dieser Kontrollbank eigentlich kontrolliert? Die Hypo aus Kärnten kann dieser Kontrolle wohl eher nicht unterlegen sein – oder? Naja, der parlamentarische Untersuchungsausschuss, der vielleicht in den nächsten 15 bis 20 Jahren zum Thema Hypo-Alpe-Adria dann doch noch einmal eingerichtet werden könnte, wird wohl dann auch diese Frage lösen?

Aber egal, es gibt ja auch andere „unabhängige“ Aufsichtsbehörden in Österreich, die jedenfalls eine gewisse Aufsichtspflicht für den Finanzmarkt in der Republik Österreich hätten: Die Finanzmarktaufsicht (FMA) beispielsweise. Trotzdem: Irgendetwas hatte mein Interesse geweckt. Was ist bloß mit dieser Kontrollbank los? Was sind ihre Aufgaben? Wie sehen die Eigentümer-Strukturen aus? Wer leitet die Geschicke dieser Bank im Vorstand? Viele Fragen, die mich letztendlich jedoch wieder einmal zu einem ganz anderen Thema führten…

Die Oesterreichische Kontrollbank AG (OeKB) ist ein „Spezialkreditinstitut“, welches im Eigentum der größeren österreichischen Geschäftsbanken steht. Gegründet wurde sie im Jahre 1946. Sie wurde also demnach relativ rasch nach dem 2. Weltkrieg und in der „Besatzungszeit“ gegründet. Die Kontrollbank arbeitet unter anderem auch im Auftrag der Republik Österreich. Im Wesentlichen gliedern sich die Bereiche der Kontrollbank in Exportservice, Kapitalmarkt-Services und Research-Services. Eine ziemlich ungenaue und zumindest für den Laien sehr schwer verständliche Beschreibung dieser Services findet man selbstverständlich auf der Webseite der OeKB. So genau wollen wir uns hier aber noch gar nicht damit beschäftigen. Viel interessanter ist jedoch die Eigentümer-Auflistung:

24,75 % – CABET-Holding-GmbH, Wien (UniCredit Bank Austria-Gruppe)
16,14 % – UniCredit Bank Austria AG, Wien
12,89 % – Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG, Wien
8,26 % – Schoellerbank Aktiengesellschaft, Wien
8,25 % – AVZ Finanz-Holding GmbH, Wien
8,12 % – Raiffeisen Zentralbank Österreich Aktiengesellschaft, Wien
5,09 % – BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit u.Wirtschaft u.Österreichische Postsparkasse AG, Wien
5,00 % – Raiffeisen OeKB Beteiligungsgesellschaft mbH, Wien
3,89 % – Oberbank AG, Linz
3,055 % – Bank für Tirol und Vorarlberg Aktiengesellschaft, Innsbruck
3,055 % – BKS Bank AG, Klagenfurt
1,50 % – Österreichische Volksbanken-Aktiengesellschaft, Wien

Quelle: http://www.oekb.at/de/unternehmen/ueberblick/eigentuemer/seiten/default.aspx

Die AVZ Finanz-Holding GmbH

Ins Auge sticht sofort die CABET-Holding-GmbH. Dabei handelt es sich wohl um ein Unternehmen der UniCredit Bank Austria-Gruppe. Die UniCredit Bank Austria AG selbst hält noch einmal 16,14 Prozent der Eigentümer-Anteile. Alle weiteren Geschäftsbanken sind zumindest vom Namen her in Österreich bekannt. Wer allerdings ist die AVZ Finanz-Holding GmbH in Wien? Ein gewisser Herr Alexander Wolfgring ist „Member of the Board of Directors“ der AVZ Finanz-Holding GmbH. Diese Information findet man jedenfalls auf der Webseite der UniCredit-Group. (1)

Schon wieder die UniCredit-Group? Beachten sollte man in diesem Zusammenhang unbedingt auch einen Artikel vom 26.07.2011 in der Online-Ausgabe der Tageszeitung „Die Presse“, in dem unter anderem auf die Verbindungen der AVZ-Stiftung mit der Stadt Wien bzw. der SPÖ sowie der UniCredit Bank Austria hingewiesen wird. (2)

Politische Wegbegleiter…

Mitglied des Vorstandes und Generaldirektor der Oesterreichische Kontrollbank AG ist Herr Dr. Rudolf Scholten. Herr Scholten ist darüber hinaus auch Präsident des Bruno-Kreisky-Forums und Aufsichtsratspräsident der Wiener Festwochen sowie des Österreichischen Filminstitutes. Aber woher kommt mir dieser Herr jetzt schon wieder so bekannt vor? Richtig: Herr Rudolf Scholten (SPÖ) war von Ende 1990 bis Anfang 1997 als Bundesminister der Republik Österreich für diverse Bundesministerien zuständig (Unterricht, Kunst, Sport, Wissenschaft, Forschung und Verkehr). Im Jahre 1984 (Regierung Sinowatz – SPÖ) begann er unter dem damaligen Finanzminister, Herrn Franz Vranitzky (SPÖ), als wirtschaftspolitischer Berater im Bundesministerium für Finanzen. Jedenfalls könnte man bei Herrn Scholten wohl zumindest von einem „politischen Wegbegleiter“ des Herrn Vranitzky (von 1984 bis 1997) sprechen.

Bilderberger und Selbstmord?

Seit 1997 ist Herr Scholten nun also Mitglied des Vorstandes der Oesterreichischen Kontrollbank AG. Woher kommt mir nur dieser Name so bekannt vor? Naja, mal sehen. Der Vorgänger von Herrn Scholten bei der Kontrollbank war jedenfalls Herr Gerhard Praschak. Im Jahre 1997 begang Herr Praschak Selbstmord. Für Aufsehen sorgten damals seine an verschiedene Medien und politische Parteien versandten Aufzeichnungen über politische Einflussnahme bei Postenbesetzungen im österreichischen Bankensektor. Vor seiner Tätigkeit als Direktor der Kontrollbank war Herr Praschak übrigens Sekretär von Bundeskanzler Franz Vranitzky gewesen. (3)

Beachten Sie bei diesem Wikipedia-Eintrag über Herrn Gerhard Praschak bitte auch unbedingt die beiden dort befindlichen Weblinks. Dabei handelt es sich nämlich über zwei sehr aufschlussreiche Artikel über den Selbstmord im April 1997 (Welt Online vom 30.04.1997 und Focus-Magazin Nr. 19/1997).

Aber kommen wir doch wieder zurück zu Herrn Scholten. Da war doch noch etwas? Ich kenne diesen Namen – aber woher? Genau, jetzt weiß ich es wieder: Herr Scholten ist führendes Mitglied im Exekutivkomitee der Bilderberg-Konferenz. (4) Detail am Rande: Bei den jährlichen Treffen der Bilderberger war auch Herr Vranitzky Stammgast. Laut einem Artikel der Wiener Zeitung vom 02.08.2012 soll Herr Vranitzky gar 15mal an derartigen Zusammenkünften teilgenommen haben. (5)

Weitere bekannte Teilnehmer aus Österreich: Hannes Androsch (SPÖ), Peter Jankowitsch (SPÖ), Alfred Gusenbauer (SPÖ), Heinz Fischer (SPÖ), Andreas Schieder (SPÖ), Werner Faymann (SPÖ) und Willibald Cernko (Vorstandvorsitzender der UniCredit Bank Austria AG).

Selbstverständlich nahmen in den vergangenen Jahren auch vereinzelt Politik-Darsteller anderer Parteien bzw. sonstige bekannte „Persönlichkeiten“ aus Österreich an den Bilderberger-Treffen teil. Der Anteil der SPÖ-Teilnehmer ist jedoch im Vergleich dazu überaus hoch!

Wir stehen hier also erneut vor einem durchaus interessanten Netzwerk: Die Eigentümer-Struktur der Oesterreichischen Kontrollbank AG liefert uns Hinweise auf eine „mächtige“ Einflussnahme durch die UniCredit Bank Austria-Gruppe (24,75% + 16,14% + 8,25% = 49,14%). In der Zeit der Bundesregierungen unter der Leitung von Herrn Franz Vranitzky (1986 bis 1997) kreuzten sich die Wege mit Herrn Praschak und Herrn Scholten. Herr Praschak begeht im April 1997 Selbstmord. Sein Nachfolger wird im Jahr 1997 dann daraufhin Herr Scholten. Letztendlich führen also alle Wege unerwartet aber doch zum Elite-Netzwerk der Bilderberger.

Sind „private“ Treffen transparent?

Allerdings trifft man sich in diesem Rahmen selbstverständlich stets nur „privat“ und die Teilnehmer vereinbaren „traditionsgemäß Stillschweigen“ über den Inhalt der Gespräche, wie ja auch das Kabinett des Bundeskanzlers Faymann auf meine Anfrage im Jahre 2011 antwortete. (6)

Vielleicht wäre es doch an der Zeit, dass diese „Verbindungen“ öffentlich ermittelt und aufgeklärt werden? Neben der Hypo-Alpe-Adria könnten in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss wohl auch zu diesem Thema zumindest „interessante Zusammenhänge bzw. Spuren“ aufgedeckt werden. Eine wesentliche Aufgabe des Nationalrates der Republik Österreich wäre nämlich die Erhaltung bzw. Verbesserung der Transparenz. Nachdem allerdings die Errichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Österreich immer noch kein Minderheitenrecht darstellt, wird sich wohl auch zu diesem Thema die SPÖ wieder einmal dagegen aussprechen. Von welchen Menschen werden wir denn da eigentlich regiert?

Viele davon treffen sich jedenfalls auch heuer wieder. Nämlich Ende Mai 2014 in Dänemark – bei der Konferenz der Bilderberger…

Ansatzweise beginnt sich der Kreis übrigens zu schließen bei der Information, dass Herr Dr. Rudolf Scholten bereits im Jänner 2010 zum stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der notverstaatlichten Hypo Group Alpe Adria bestellt wurde. (7) Es ist wirklich schön, dass wir in Österreich auf so „honorige Spezialisten“ zurückgreifen können, die auf einen so langjährigen Erfahrungsschatz zurückgreifen können, wenn es um „Kontrolle unter staatlicher Einflussnahme geht“.

Ach, wie schön war die Zeit im Kaffeehaus in Wien. Ein charmanter Kellner mit dem gewissen „Wiener Schmäh“, ein etwas zu starker „Irish-Coffee“ und meine „Träume“ von einer Welt ohne Korruption, Verschleierung, Postenschacher und Intrigantenstadel. Zum Wohl…

(1) UniCredit: Board of Directors – Alexander Wolfgring
(2) Die Presse: Streit über „Milliardenverlust“ der Stadt Wien (26.07.2011)
(3) Wikipedia: Gerhard Praschak
(4) Bilderberg Meetings: Gouvernance and Funding – Steering Committee
(5) Wiener Zeitung: Geheimbund der Macht (02.08.2012)
(6) Antwort aus dem Kabinett des Bundeskanzlers zur Bilderberg-Konferenz (07.07.2011)
(7) Hypo Alpe Adria: Eigentümer


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